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Sonnenblumen anbauen – Zum Nutzen der Sonnenblume

Der Nachfolgende Artikel ist ein Erfahrungsbericht aus dem Jahre 1846 zum Anbau und Nutzen von Sonnenblumen als Öl und Viehfutter.

Kurzfassung

Der Nachfolgende Artikel ist ein Erfahrungsbericht aus dem Jahre 1846 zum Anbau und Nutzen von Sonnenblumen als Öl und Viehfutter.

Nutzen des Anbaues der Sonnenblume (Helanthus annus) in kleinern Wirtschaften)

Aus: „Die Ausbeute der Natur, oder praktische Anweisung, die Naturkräfte aufs Leben anzuwenden zum reichsten Segen für Jedermann, ganz besonders in Zeiten der Not.“ 1854

Herr J. Preis in Schrimm a.d.W. (Großherzugtum Posen) gibt in den Frauendorfern Blättern, Jahrgang 1846, folgenden Bericht hierüber:

Aussaat der Sonnenblumen

Die Samenkörner der Sonnenblume werden im April oder Anfangs Mai 1 bis 2 Zoll (2,5 – 5 cm) tief und 1 bis 2 Fuß (30 – 60 cm) weit auseinander gelegt, kommen ohne alle Pflege auch in weniger gutem, aber zweckmäßig bearbeiteten Boden fort, wachsen nach Beschaffenheit der Witterung in gutem Boden zu 6 bis 8 Fuß (1,80 m – 2,40 m) Höhe und tragen außer einer großen Hauptblume noch einige Nebenblumen, die sich nach der Blüte in Fruchtscheiben verwandeln. Die Sonnenblume kann auf Beeten, aber auch unter und neben andern Gartengewächsen, an den Furchen, Zäunen, Mauern und dergl. gezogen werden und ist deshalb für die fraglichen Wirtschaften so empfehlenswert, weil sie an Körnern und nutzbaren Blättern ergiebiger ist, als alle Getreide- und Pflanzenarten, und bis auf die kleinsten Teile benutzt werden kann. So hat z.B. die Hauptscheibe nicht selten gegen 150 Körner, die Nebenscheiben zusammen 2 bis 300, die ganze Pflanze also ungefähr 500.

Verwendung der Sonnenblumenkerne

Diese Körner, in großer Masse erbaut und ausgepresst, geben ein gutes, wohlschmeckendes Öl; der Fruchtboden kann jung, wie die Artischocken, gespeist werden; die Hülsen, welche beim Pressen zurückbleiben, liefern bessere Kuchen zu Gemenge für Küche usw., als Lein und Rübsen. – Da ich keine so große Menge Körner erbaue, benutze ich sie als beliebtes Futter für das Federvieh. – Sobald die großen, herzförmigen Blätter, die unten am Stamm sitzen, anfangen zu welken, lasse ich sie abbrechen, trocknen und als gutes Winterfutter für die Kuh aufbewahren. Ebendasselbe geschieht mit den Samenscheiben, deren größte oft mehr als 1/2 Fuß im Durchmesser haben, sobald sie nach erlangter Reife abgeschnitten, von den Körnern befreit und gut getrocknet sind. Die nur noch allein übriggebliebenen Stengel werden im Spätherbste mit den Wurzeln aus der Erde gezogen und an dem Zaune oder sonst auf einem freien Platze im Garten aufgehäuft, damit Regen und Schnee dieselben von der daran befindlichen Erde befreien. Im Frühjahre werden sie bei schönem Wetter wie dürres Holz gebrochen und nach Belieben auf dem Herde oder im Backofen verbrannt.

Bedeutung der Sonnenblumen als Bienenweide

Für Bienenväter sei noch besonders bemerkt, dass die Sonnenblumen sehr viel Honigstoff und Blumenstaub enthalten und von den Bienen sehr fleißig besucht werden. Wer also eine reiche Honig- und Wachsernte haben will, wird wohltun, wenn er auch aus diesem Grunde auf seinem Gartenlande jährlich Sonnenblumen zieht, besonders in Gegenden, wo sich wenig Haidekorn (Buchweizen), Linden und andere gute Bienenweiden finden.

Verwendung der Sonnenscheiben

Um etwaigem Missverständnisse vorzubeugen, muss ich erwähnen, dass die trockenen Sonnenscheiben so, wie sie sind, von dem Vieh nicht gefressen werden. Ich lasse sie daher in einem großen Topfe (für einige Stück Vieh müsste es natürlich ein Kessel sein) Morgends und Abends vor der Fütterzeit so lange kochen, bis sie sich derartig drücken, dann unter die Siede mengen, diese mit der gewonnenen, sehr würzhaften, braunen Brühe begießen und der Kuh vorsetzen, von welcher diese Mischung begierig gefressen wird. Gekocht werden die Samenscheiben während der Zubereitung des Frühstücks und Abendbrots, um nicht noch besonders Holz verbrennen zu müssen. Die trockenen Sonnenblumenblätter werden zwar auch ungekocht gern gefressen, jedoch ist es besser, sie mit den Samenscheiben vermsicht kochen und mit Siede vermengt füttern zu lassen. – Dasselbe Verfahren wird auch bei trockenen, zu Futter bestimmten Gemüsearten angewendet, weil ich mich in der Schule der Pflanzer und durch eigene Erfahrung überzeugt habe, dass man dadurch dreifach gewinnt:

  1. spare ich die Ausgaben für Kleie, Schrot, Leinkuchen und dergl., die ich sonst der Siede als Gemenge beimischen müsste.
  2. erziele ich dadurch mehr und schmackhaftere Milch, als durch vorstehend genanntes Gemenge, da Gräser und Kräuter bekanntlich schon an und für sich zur Vermehrung und Würze der Milch beitragen, und die würzhaften Teile, namentlich die Sonnenblumen, durch das Kochen besser zersetzt werden und sich somit bei dem Tiere in der Brühe leichter und reichlicher in Milchstoff verwandeln.
  3. bleibt auf diese Art, verbunden mit der anderweitigen Pflege, das Tier vorzüglich gesund und bei Kräften, und milcht fast bis zur letzten Woche vor dem Kalben. Dies ist auch ganz natürlich, denn die balsamischen Pflanzenteile wirken in der braunen Brühe im Innern des Tieres nicht minder vorteilhaft, als die von den Ärzten verordneten Teearten und Kräutersuppen beim Menschen. Das Tier hat somit im Sommer und Winter gesunde und kräftige Nahrung, muss aber auch selbst gesund und kräftig bleiben und – mehr gewähren.

Was hier in Punkt 2 und 3 im Kleinen geschildert ist, sehen wir – beziehungsweise – bei der Senn auf der Alp im Großen, wo meistens die Natur schon tut, was wir durch künstliche Nachhilfe bezwecken. – Soviel über diesen Gegenstand! – Es sind, wie der erste Blick zeigt, nur einzelne, nicht vollständig ausgeführte Bemerkungen, die ihr Entstehen den wenigen Augenblicken verdanken, wo ich, von Amts- und Berufsgeschäften frei, einige Erholung in der Baumschule oder bei meiner Pflanzen-, Blumen- und Bienenwelt genieße.

Möchten sie ebenso nachsichtig und wohlwollend von dem Leser aufgenommen werden, als sie in der guten Absicht geschrieben worden sind, „ein Scherflein zur Milderung des harten Looses von tausend Lehern- und Bauernfamilien beizutragen, dass auch mich in frühester Jugend schon drückte“ und das sich unter dem Beistande des Allgütigen – was ich mit kindlich dankbarem Gemüthe hier freudig bekenne – so umgestaltet hat, dass ich jetzt mit vollem Rechte sagen kann: „Dulce meminisse laborum“ (Süß ist die Erinnerung an überstandene Beschwerden).

 

Bildquelle: „Botanisches Bilderbuch für Jung und Alt“, 1897. Digitalisiert von www.biolib.de.

Nützliche Links

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