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1899 Böttner: Gartenbuch für Anfänger Düngung und Bodenbearbeitung Grundlagen für Anfänger

Das Rigolen / Beet umgraben

Rigolen, d.h. Riegen, Reihen oder Furchen ziehen, spielt im Gartenbau eine große Rolle. Johannes Böttner (1899) erklärt das genaue Verfahren.

Ein historischer Auszug von: Johannes Böttner, Chefredakteur des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau. Aus: Gartenbuch für Anfänger (1899).

Rigolen

Bitte, betrachte Dir einmal die Bilder hier:

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Durchschnitt des Gartenbodens beim Rigolen

Es soll der Querschnitt von Gartenboden sein und Du musst Dir vorstellen, ein solches Stück Land frei zur besseren Veranschaulichung eigens von der Seite querdurch freigemacht, so dass Du in II und dann noch mal in III und IV von der Seite aus betrachten konntest, was damit vorgegangen ist. Dieses Land wird in beliebig lange Streifen eingeteilt, Streifen b c d e f usw., wovon wir immer nur die Schmalseite sehen können. Ein solcher Streifen ist jedes Mal 60 cm breit. Du siehst deutlich die Breite des Streifens b. In der Breite des Streifens b ist ein Graben ausgeworfen, beliebig lang; die Erde vom Streifen (Graben) b ist auf der ganzen Länge nach a geworfen worden.

Vergleichen wir nun mit dem soeben beschriebenen Anfang II die Fortsetzung III. Jetzt hebt sich auch der Streifen (Graben) c deutlich von dem übrigen ab. Die obere Erde von c ist unten nach b geworfen worden.

IV. Die untere Erde aus dem Streifen (Graben) c ist obenauf nach b geworfen worden. Jetzt ist der Graben b wieder gefüllt und der Graben c offen. Nun geht es weiter. Die obere Erde von d wird unten nach c geworfen, die untere Erde von d obenauf. Dadurch wird dann c gefüllt und d geöffnet, demnächst ganz in derselben Weise d mit der Erde von e gefüllt und so weiter. Was soll das nun?

Dadurch, dass wir den Graben auswerfen und dann den Graben entlang, ohne Zwischenwand, einen neuen Graben, dessen Erde in den ersten Graben kommt und so weiter und so weiter und so weiter erreichen wir, dass die Erde der ganzen Fläche, die wir derartig behandeln, sehr tief durchgelockert wird. – Das Verfahren aber wird Rigolen genannt, d.h. Riegen, Reihen oder Furchen ziehen. Im gesamten Gartenbau spielt das Rigolen eine große Rolle. Denn die Tiefkultur, die mit Hilfe dieses Rigolens im Garten eingeführt wird, ist für die Gartenpflanzen noch viel wichtiger, als die Pflug-Tiefkultur für die Landwirtschaft ist. Bekanntlich wird schon von den Landwirten dem tiefen Pflügen große Bedeutung beigelegt.

Wir wollen nun ganz kurz einmal die Vorteile des Rigolens und klar machen:

  1. Es wird guter Boden nach unten gebracht. Die Pflanzenwurzeln streben danach, den guten Boden zu erreichen und dringen tiefer ein. Folge davon: die Pflanze kann üppiger wachsen, und weil auf dem gleichen Raum wie bisher mehr Bodenraum zu ihrer Verfügung steht, kann sie mehr Ertrag
  2. Der Boden wird durchweg lockerer; die Luft kann besser eindringen. Die Luft ist aber vielleicht ist dies noch nicht allgemein bekannt – für das Pflanzenwachstum eine der wichtigsten Bedingungen – ohne Luft kein Leben, auch die Wurzel tief im Boden kann nicht ohne Luft bestehen. Je mehr Luft tief im Boden, um so besser das Wachsen.
  1. Die Wärme, auch sehr wichtig, dringt besser und tiefer und gleichmäßiger ein. Flacher Boden hat viel größeren Wechsel von Wärme und Kälte auszuhalten, der den Gewächsen nicht günstig
  2. Die Feuchtigkeit des Bodens ist nach dem Rigolen eine gleichmäßigere. Fehlende Feuchtigkeit steigt schneller aus dem Untergrund empor und überflüssige kann leichter abziehen. Auch dieses trägt dazu bei, dass das Wachstum nach dem Rigolen so gewaltig

Sind das noch nicht wichtige und hochbedeutsame Vorteile genug! Nun kommen allerdings auch Bedenken, und nachdem wir gelernt haben, dass das Rigolen im Garten so notwendig und nützlich ist, müssen wir auch noch lernen, wie wir es einzurichten haben, um Nachteile zu vermeiden.

Es ist klar: Wir haben oben eine bessere und unten eine schlechtere Bodenschicht. Bringen wir nun, wie das im Eingang gelehrt worden ist, den schlechteren Boden herauf und den guten Boden nach unten, so kann es an manchen Stellen vorkommen, dass wir unseren guten Boden verschüttet und dafür einen ganz unbrauchbaren Boden erhalten haben, in dem zunächst nichts wachsen will. Einige Kunstgärtner, die so etwas erlebt haben, sagen, man soll den Boden gar nicht heraufbringen, sondern die Sache so einrichten, dass der schlechte unten bleibt und der gute oben. Das halte ich aber für verkehrt, denn – jetzt kommt eine Hauptsache – gerade dadurch, dass wir den rohen Untergrund an die Luft bringen, wird er verbessert.

Wir wollen uns die Sache mit dem Rigolen nicht zu schwer machen. – Wir wissen, es ist gut, das Tiefkultur eingeführt wird. Dadurch, dass wir das wissen, dürfen wir uns nicht verleiten lassen, gleich planlos zu wirtschaften und alles umzukehren. Eine wirkliche Verbesserung wird auch im Gartenbau nie auf umstürzlerischem Wege zu erreichen sein, nur planmäßig Schritt für Schritt. Zunächst also darf nie der ganze Garten auf einmal rigolt werden. Es gibt viele Gewächse, vorwiegend Flachwurzler, die auf rohen und frisch rigoltem Boden gar nicht gedeihen. Für diese also schon muss immer altbebautes Land übrig bleiben bis das rigolte soweit kultiviert ist, dass so ziemlich alles darauf gedeiht; das ist nach zwei bis drei bis vier bis fünf Jahren der Fall. Außerdem hat es überhaupt keinen Zweck, gleich tief zu rigolen.

Wenn wir zunächst nur 10 Zentimeter tiefer gehen, als bisher üblich war, ist schon viel gewonnen. Wir genießen schon die Vorteile des Rigolens, verschütten aber unseren guten Boden nicht. Wir gelangen dadurch viel schneller zu einer tieferen Kulturschicht. – Im Gemüsegarten, im Blumengarten, auch bei Beerenobst und dergleichen wird das flachste Rigolen – 45 Zentimeter oder zwei Spaten tief – das empfehlenswerteste sein. Viele bezeichnen es nicht als Rigolen, sondern nur als zwei Spaten tief graben.

Für Bäume und höhere Sträucher, die voraussichtlich eine lange Reihe von Jahren auf ihrem Platze stehen und mit den Wurzeln tief eindringen sollen, wird man gleich 70 – 80 Zentimeter, auch 1 Meter tief rigolen. Bäume und Sträucher wachsen auf rohem Boden, wenn man ihnen etwas gute Erde an die Wurzel gibt. Es ist ganz gewaltig, wie diese Tiefwurzler auf tief rigoltem Boden ohne Dünger in einem Jahre meterlange Schosse treiben, während die gleichen Pflanzen auf einfachem Grabeland gar nicht von der Stelle wollen. So etwas muss man gesehen und verglichen haben, um von den gewaltigen Vorteilen tiefen Rigolens für jede Gehölzpflanze überzeugt zu sein.

Wo Grundwasser flach steht, geht man mit dem Rigolen nie tiefer als bis zum Wasserspiegel. Tieferes Rigolen würde ganz zwecklos sein, selbst nachteilig.

Das folgende Bild bietet eine Ansicht von zwei Arbeitern beim Rigolen. Der vordere ist eben damit fertig geworden, die oberste Erdschicht auszugraben und wird jetzt damit beginnen, die zweite tiefere Schicht auszuheben und auf den vor ihm liegenden Streifen zu werfen. Der hintere Mann hat schon seinen Anteil vom nächsten Graben zur vollen Tiefe ausgehoben und wenn er weiterarbeiten will, muss er beim folgenden Streifen anfangen.

 

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Lesen Sie mehr über das Buch „Gartenbuch für Anfänger“ von Johannes Böttner:

Gartenbuch für Anfänger- Johannes Böttner

Mehr Informationen zu Johannes Böttner finden Sie unter:

https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_B%C3%B6ttner

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