Gartenbauunternehmer Johannes Böttner (1899) beschreibt, anhand welchen Kriterien man gute Gartenerde erkennt und wie man diese im Notfall auch schnell selber herstellen kann. Dieser Artikel ist ein Crashkurs für Gartenanfänger ohne bodenkundliche Erfahrung, der die wichtigsten Grundlagen für den Garten vermittelt.
Gute Erde.
Von: Johannes Böttner, Chefredakteur des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau. Aus: Gartenbuch für Anfänger (1899).
Gute Erde wird im Garten in hundert Fällen und fast täglich gebraucht. Im neuen Garten und so lange der Boden noch roh ist, ist der Bedarf an guter Erde so groß, dass er nie befriedigt werden kann. Es ist eine ganz eigene Sache: Im rohesten Boden, in dem beim Rigolen aus dem tiefen Untergrunde hervorgeholten, harten, festen Lehm, lassen sich noch viele anspruchsvolle Pflanzen ziehen, wenn wir ihnen nur für die erste Wachstumszeit gute Erde an die Wurzeln bringen. Werden Bäume oder Sträucher gepflanzt, so kommen einige Schaufeln voll guter Erde in das Pflanzloch; Stauden und Knollengewächse werden ganz in guter Erde eingebettet. Wollen wir auf schwerem und rohem Gemüseland Radieschen, kurze frühe Karotten und andere flachwurzelnde Gemüse ziehen, so reicht es aus, wenn eine dünne Schicht oben ausgebreitet, oder aber bei Rillensaat in die Rillen getan wird. – Soll ein alter Baum fruchtbar gemacht werden, so wird gute Erde an die Wurzeln gebracht. Dort wollen wir Schlingpflanzen an die Laube pflanzen, wieder muss die gute Erde uns die Möglichkeit geben. Wir graben ein Loch, tun gute Erde hinein, dann wächst die Schlingpflanze üppig.
Woher nun die gute Erde nehmen? Fertige Komposterde ist gute Erde. Deshalb verwenden wir so großen Eifer auf die Komposthaufen. Neben der Komposterde ist die reine Mistbeeterde oder Misterde als gute Erde zu betrachten. Die Mistbeeterde entsteht aus reinem Pferdemist. Zwischen Misterde und Mistbeeterde ist kein wesentlicher Unterschied. Bringt man einige Fuhren Stallmist auf einen Haufen und behandelt diesen in der vorgeschriebenen Weise, nicht nur bis die groben Teile verrottet sind, sondern setzt auch nachher die Pflege noch fort, so verwandelt sich schließlich der Mist in eine erdige Masse, das ist die Misterde. Bei der Verwesung des Mistes entwickelt sich aber Wärme und diese Wärme kann nutzbar gemacht werden: Man macht eine Grube, packt sie 2 Fuß hoch mit Mist, stellt einen Bretterkasten ohne Boden (Mistbeetrahmen) darauf, füllt Erde auf den Mist und legt Glasfenster obenauf. Das ist ein Mistbeet. In solchem Beete werden frühe Gemüse, Salat, Radies, Gurken, Melonen, Blumen- und Gemüsepflanzen gezogen. – Die genaue Einrichtung wird später beschrieben, vorläufig reden wir nur von dem Mist und seiner Wärme. Wenn der Mist seine nützliche Wärme abgegeben und das Beet abgeerntet ist, wird die Grube wieder ausgeworfen. Der Mist, den wir vor einem halben Jahre einpackten, ist auf die Hälfte seines Umfanges zusammengesunken. Es ist überhaupt kein Mist mehr, sondern teilweise schon Erde, und wenn diese Masse noch weiter ein Jahr liegt, haben wir die reine, gute Mistbeeterde.
Zuweilen findet sich auch Gelegenheit, Mistbeeterde zu kaufen in Gärtnereien, die über den Bedarf davon haben oder Mistbeete eingehen lassen. Man zahlt für den Zentner Mistbeeterde 40 – 50 Pfennig, kann aber bei Bedarf gern noch etwas mehr bezahlen, denn man darf nicht nur den Nährwert der darin vorhandenen Stoffe berechnen.
Was soll nun geschehen, wenn es bei Übernahme eines neuen Gartens sowohl an Komposterde als auch an Mist und Mistbeeterde fehlt, wobei doch gerade für den Anfang gute Erde nötig ist?
Bereite auf schnellem Wege gute Erde für den Notbedarf. – Folgendes ist das Verfahren:
Es werden einige Fuhren Dünger gekauft. Ist verrotteter Dünger nirgends zu haben, dann frischer – am besten Pferdedünger und wenig Stroh, weil die Zersetzung von diesem strohlosen Pferdemist am schnellsten geht. Steht nur strohiger Mist zur Verfügung, so wird davon das Stroh ausgeschüttelt und anderweitig verwendet. Der Dünger wird nun zunächst für einige Wochen auf Haufen behandelt, damit er verrottet und bald zu guter Erde wird; dann verschafft man sich eine oder einige Fuhren passende Erde zum Zusetzen, Rasenerde, Lauberde aus dem Walde, Torf- oder Moorerde; wenn nichts anderes vorhanden ist, nimmt man bessere Gartenerde. Diese Erde schichtet man abwechselnd mit dem schon etwas verrotteten Dünger auf einen Haufen und dann fängt man an dem einen Ende des Haufens an, die Mischung umzuschaufeln und gut zu zerkleinern und gut zu vermischen, und ist man damit durch, so fängt man nach wenig Tagen von neuem an. Wird die gute Erde nicht besonders schnell gebraucht, so kann auch zur Verbesserung der Erde vergorene Jauche übergossen werden, dann muss der Haufen einige Wochen liegen bleiben. Es geht aber auch ohne Jauche und genügen 6 – 8 Wochen, um eine Masse zu erhalten, die als leidlich brauchbare, gute Erde zu betrachten ist.
Die Herstellung guter Erde auf gewöhnlichem Wege darf durch diese Schnellfabrikation guter Erde nicht beeinträchtigt werden. Viele gute Erde erhalten wir, wenn wir viel Mist auf unseren Komposthaufen bringen.
Für feinere Blumenkulturen und Topfpflanzenkulturen werden noch besondere Erdmischungen gebraucht, die jedesmal dem Bedürfnis und dem natürlichen Standort der einzelnen Pflanze angepasst werden. Man hat noch Heideerde, Moorerde, Rasenerde, Lauberde usw.
Heideerde kommt an vereinzelten Stellen des Waldes vor. Die Fundstellen sind meistens nur den Förstern und Gärtnern bekannt. Es ist eine hellbraune lockere Masse, für einige Pflanzen sehr wertvoll, aber an verschiedenen Orten von verschiedener Güte.
Moorerde Die Moorerde der Gärtner findet sich auf feuchten Wiesen, häufig auf Waldwiesen. Es werden viereckige Stücken (Soden) gestochen, welche ein Jahr auf Haufen geschichtet liegen, auch ein oder zweimal umgesetzt werden, damit schädliche Bestandteile (sogenannte Säuren) verloren gehen. – Moorerde ist schwarz. – Kommt sie in natürlichem Zustande mit Heideerde vermischt vor, wodurch sie nur um so brauchbarer wird, so geht die Farbe in das bräunliche über.
Gute, alte Lehmerde ist für jeden Gartenfreund, dessen Garten wenig Lehm besitzt, von unschätzbarem Werte. Lehm enthält wertvolle Stoffe, die vielen unserer Kulturgewächse zu einer idealen Ausbildung verhelfen. – Aber wenn ich betone: guter, alter, milder Lehm. Ich warne vor rohem, wildem, spröden Lehmboden. Jeder rohe Boden ist von vornherein auszuschließen von allen feineren Kulturen; gerade darin, dass der Lehm alt, bröcklig und mürbe ist, liegt sein Wert für die Pflanzenkulturen.
Rasenerde nur von fruchtbaren Wiesen, mit guten Gräsern zu entnehmen und auf Haufen zu schichten und umzusetzen. Der Lehmgehalt und die im Lehm befindlichen Stoffe, Kalk und Kali, spielen hierbei eine große Rolle. Wir gewinnen Rasenerde indem wir Rasenboden (Rasenplaggen), das sind also ½ Fuß tief mit Wurzeln ausgestochene Rasenstücke, auf Haufen setzen und mehrmals umstechen, bis alles verrottet ist. Je besser der Rasen, desto besser die Erde, die daraus gewonnen wird. Besonders alte Viehweiden sind ergiebig. Der Gartenfreund kann die Erde von Maulwurfshügeln auf Wiesen sammeln.
Lauberde An Stellen, wo viel Laub zusammenkam und Jahre hindurch liegen blieb, findet sich eine natürliche Lauberde. Künstlich wird sie bereitet aus reinem Laub. Dieses wird behandelt, wie es bei der Kompostbereitung beschrieben worden ist, d.h. festgetreten, feucht und geschlosdsen gehalten und später umgesetzt. Es kann hierbei auch zur Erwärmung von Beeten dienen.
In kleineren Haufen verlieren alle diese Erdarten schnell von ihrer Güte. Schon aus diesem Grunde, außerdem aber auch wegen der Kostspieligkeit, Umständlichkeit, wird sich der Gartenfreund für seinen Geringen Bedarf kein Erdmagazin anlegen. Er kann seinen Bedarf viel bequemer und billiger aus der Gärtnerei erhalten, von der er seine sonstigen Pflanzen usw. bezieht.
Schwierigkeiten entstehen allerdings auf dem Lande und bei denen, die sich Samen und Pflanzen regelmäßig schicken lassen. Hier wird man möglichst mit Mistbeererde auskommen müssen und Rasenerde und Heideerde in kleinen Mengen frisch von der Quelle holen. In früheren Zeiten wurde großer Wert auf die Zusammensetzung bestimmter Erde gelegt. – Über die Bedenken, dass einzelne Pflanzen nur in besonderen, genau zusammengesetzten Mischungen gedeihen, ist man aber jetzt hinweg. Gewisse Rücksichten auf die Natur der Pflanzen sind allerdings nötig. Bei den Kulturangaben ist auf die besonderen Forderungen, die einzelnen Pflanzenarten an die Erde stellen, hingewiesen worden.
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Gartenbuch für Anfänger- Johannes Böttner
Mehr Informationen zu Johannes Böttner finden Sie unter:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_B%C3%B6ttner
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