Das nachfolgende „alte“ Wissen stammt aus: „Gartenbuch für Anfänger“ (1899) sowie „Praktische Gemüsegärtnerei“ (1907) von Johannes Böttner. Die Artikel wurden zusammengeführt und für bessere Lesbarkeit leicht angepasst bzw. umsortiert. Entsprechende Zwischenüberschriften wurden ergänzt.
Allgemeiner Hinweis: Angenommene Beetbreite für ALLE Kulturen: 1,20m (Wichtig zu wissen, da im Folgenden nur die Abstände der Pflanzen in der Reihe angegeben werden)
Tomaten
Aussaat und Pikieren der Tomaten
Aussaat im Februar oder März in Töpfe, die an das Zimmerfenster gestellt werden. Nach vier Wochen werden die Pflanzen verstopft, nach weiteren vier Wochen einzeln in Töpfe von der Größe einer Kaffeetasse gepflanzt. Haben sie diese Töpfe durchwurzelt, so kommen sie in größere Töpfe. Nach jedem Verstopfen/Pikieren liegen die Pflanzen wie welk da; nachdem sie aber kräftig überbraust sind, stehen sie am nächsten morgen schon ganz frisch und wachsen lustig weiter. Die Töpfe können in das Mistbeet gestellt werden. Für den Hausbedarf sind sechs Pflanzen genug. Man braucht deshalb nur die kleinste käufliche Saatmenge und hat daran für mehrere Jahre.
Der passende Standort
Die Tomaten, die sehr frostempfindlich sind, werden erst nach den
„kalten Tagen“ am 20. Mai in den Garten gepflanzt. Je größer bis dahin die Pflanzen in den Töpfen herangewachsen sind, um so früher ist Ertrag zu erwarten. Zum Aussetzen ins Freie eignet sich ein Platz, welcher sehr sonnig und sehr geschützt ist; am besten ist ein Garten, der in Nord, Ost und West von Mauern oder Gebäuden eingeschlossen wird, nach Süd aber freiliegt. Hier kann man die Tomaten an einer südlichen Spalierwand ziehen, aber auch vor der Wand an einem niedrigen Lattengerüst, zur Not auch ohne jedes Hilfsmittel an freiem Spalier oder an einzelnen Stengeln. Hat das Gelände nach Süden hin etwas Fall, so ist das sehr angenehm, denn hierdurch erwärmen sich Boden und Luft besser, und das ist gerade für Tomaten sehr viel wert. Im Gegensatz zu Gurken brauchen Tomaten keine Luftfeuchtigkeit; sie brauchen aber sehr viel Wärme, mehr als alle anderen Pflanzen, denn die leuchtendroten Früchte (Paradiesäpfel) werden nur durch große Wärme zur Reife gebracht.
Tomaten auspflanzen
Die Pflanzen wollen einen kräftigen Boden haben; am besten ist vorherige Düngung mit gutem Kompost, welche gleichzeitig den Boden lockerer und wärmer macht. Im übrigen sind gerade Tomaten in Hinsicht auf den Dünger nicht wählerisch, nur viel verlangen sie, sehr viel. Man pflanzt Tomaten am liebsten einreihig; der Abstand beträgt mindestens 60 cm. Sollen bei größeren Kulturen mehrere Reihen nebeneinander gepflanzt werden, so ist den Reihen ein Abstand von 1,20 m dienlich.
Tomaten beschneiden
Da viele Tomatensorten im Wachsen eine überraschende Schnelligkeit an den Tag legen, muss dem Beschneiden der Pflanzen einige Aufmerksamkeit zugewendet werden. Würde man diese Pflanzen sich selbst überlassen, so würden sie so unbeständig wachsen und treiben, dass vor lauter üppigem Laub keine einzige Frucht reifen könnte. Durch das Ausschneiden (Ausgeizen) von Trieben wird Luft geschaffen für eine bessere Ausbildung der Früchte.
Der Schnitt von Tomaten (das Ausgeizen) ist sehr einfach: Jede Pflanze erhält einen Pfahl; der Haupt- und Mitteltrieb wird an diesen Pfahl geheftet. Es bilden sich massenhaft Seitentriebe, diese Seitentriebe werden sämtlich ohne Ausnahme weggeschnitten. Es bleibt nur das Hauptblatt stehen. Alle acht Tage sieht man nach und nimmt immer wieder die Triebe weg, die neu entstanden sind. Die Verlängerung des Haupttriebes wird jedes mal an den Pfahl geheftet. Der unverzweigte Stamm wird sich hierauf in seiner ganzen Länge mit Früchten bekleiden. Anfang September hat nun der Stamm, d.h. der einzig ungestörte Haupttrieb, eine Höhe von etwa 1,70 Meter am Pfahl erreicht, jetzt wird seine Spitze gekappt, damit die Kraft in die vorhandenen Früchte treibt. Dies ist die richtigste und beste Kultur und auch die am leichtesten zu erlernende, weil ein Durcheinander von Trieben wie sich dies bei den Tomaten gern einstellt, hier nicht vorkommen kann.
Viele ziehen auch die Tomaten nicht mit einem einzigen, sondern mit zwei oder drei Armen. Die Behandlung wird dadurch nicht schwieriger. Jeder einzelne Arm wird genau und streng wie ein unverzweigter Hauptstamm behandelt. Solche zwei- und dreiarmigen Tomatenpflanzen werden am besten an niedrige Spaliere angeheftet.
Topfkultur der Tomaten
Wenn man in einer rauhen Gegend wohnt, in einer Gegend mit kaltem Boden, in dem selbst die gut vorgebildete Tomate es nur spät zu reifen Früchten bringt, geht man einen Schritt weiter und verschafft sich Blumentöpfe von 20 cm lichter Weite, auch größer. In diese Töpfe mit guter, nahrhafter Rasen- und Mistbeeterdenmischung werden dann nach richtiger Vorzucht die Tomaten gepflanzt; wenn das Anwachsen erfolgt ist, werden sie passend sonnig und frei aufgestellt. Sonne und Luft, die die Töpfe umspülen, können hier ganz anders die Wurzeln erwärmen als im geschlossenen, kalten Boden.
Die Topfwände hemmen den Wuchs; die gute Erde, unterstützt durch öftere Düngergüsse, fördert den Fruchtansatz, die gute Ausbildung der Früchte. Es findet hier etwas Ähnliches statt wie beim Topfobst: Späte Winteräpfel und Birnensorten, die im nördlichen Deutschland im freien Gelände die notwendige Reife nicht mehr erlangen, werden als Topfbäume noch prächtig und köstlich. Nur eins darf hier wie dort nicht fehlen: Tägliches Nachsehen und Gießen, selbst bei Regenwetter, und wöchentlich zwei-, auch dreimal ein Düngerguss.
Die Töpfe dürfen nicht mit Erde vollgefüllt werden. Es muss ein Rand bleiben (mind. 3 cm), um das Gießwasser aufzunehmen, sonst verkommen und vertrocknen die Pflanzen.
Im Herbst, wenn es kühl wird, können die Tomatenköpfe zum Nachreifen ins Gewächshaus gebracht werden.
Tomatensorten und Verwendung
Die Zahl der Tomatensorten ist eine schier endlose. Wer nicht in außergewöhnlich warmen Gegenden lebt, läuft Gefahr, dass die Tomaten zu spät reif werden. Es sind für Norddeutschland nur Sorten von frühester Reife zu verwenden. Sicherer reif wird „Wunder von Italien“, eine Sorte mit vollen Büscheln und kleinen, länglichen Früchten zum Ganzeinmachen. Die Sorte „Geisenheimer frühe“, auch unter dem Namen „Johannisfeuer“ im Handel, ist besonders schwachwüchsig und sehr frühtragend; aber die Früchte sind gerippt. Der Handel bevorzugt glattfrüchtige, runde Tomatensorten. Als solche nenne ich: „Dänische Export“, „Allerfrüheste Rote“ und „Alice Roosevelt“.
Erfreulicherweise bürgert sich die Tomate mehr und mehr in unseren Kulturen ein. – Die „Liebesäpfel“ liefern roh einen ausgezeichneten Salat, der ähnlich wie Gurkensalat mit Öl, Pfeffer und Zwiebeln, aber ohne Essig zubereitet wird. Ferner bereitet man eine sehr gute rote Suppe. Überhaupt dienen Tomaten dazu, jede Fleischbrühe kräftiger und schmackhafter zu machen und werden hierin nicht von einem anderen Suppengemüse erreicht. Gekochtes Rindfleisch wird durch Zugabe von Tomatensauce (Tunke) schmackhaft. Gemüsen, wie Bohnen, kann durch Beigabe von Tomatenextrakt ein eigenartiger, sehr pikanter Geschmack gegeben werden. Die Verwendung der Tomaten in der feinen Küche ist eine so vielseitige, dass man ein dickes Rezeptbuch damit füllen könnte.
Eierfrucht
Synonyme: Aubergine
Als nahe Verwandte der Tomate hat die Eierfrucht (Aubergine) mit dieser in der Behandlung viel Übereinstimmendes; aber die Eierfrucht leidet noch mehr unter dem Einfluss unseres kühlen deutschen Klimas, kühl wenigstens im Vergleich zum sonnigen Italien.
Die Eierfrucht ist also noch mehr als die Tomate auf sehr frühzeitige Aussaat und Topfkultur angewiesen. Man sät im Januar, verstopft mehrmals in das Mistbeet oder in immer größere Töpfe und gibt schließlich Töpfe von 25 cm Durchmesser. Kann man die Eierfrucht recht lange unter Glas halten, dann ist’s um so besser: Entwicklung und Reife werden dadurch beschleunigt; allerdings ist auch die Behandlung etwas mühevoller. Tägliches Nachsehen und Gießen ist auch bei den Töpfen nötig, die im Freien stehen.
Die beste, schmackhafteste Sorte Eierfrucht/Aubergine (Solanum Melongena) ist die lilafarbige Art. Reif ist die Frucht, sobald sie sich richtig gefärbt hat. Zubereitet wird dieses Gemüse, indem es in Scheiben gesch nitten und in Butter geschmort wird. Man kann Hammelfleischwürfel und Tomaten zugeben. Ebenfalls können die Scheiben in Butter gebraten werden; oder die Frucht wird ausgehölt und mit Hackfleisch gefüllt.
Pfeffer
Synonyme: Paprika, Chili
Die glänzend gefärbten Schoten des Gartenpfeffers (Chili) in ihren mannigfaltigen Formen bilden in Italien einen wichtigen Bestandteil der Gemüsemärkte. In Deutschland werden sie seltener angebaut; hier ist die Reife der Früchte wegen der kühlen Witterung schwieriger und die Behandlung müheseliger.
Der Pfeffer liebt sehr viel Wärme; wird ihm diese in der richtigen Weise gewährt, so ist auch ein Erfolg bei uns nicht ausgeschlossen. Zunächst ist die Aussaatzeit eine sehr frühe. Noch im Februar sät man in das Mistbeet, oder wenn man es haben kann, schon im Januar in Saattöpfe, die warm und hell im Gewächshaus aufgestellt werden.
Die jungen Pflanzen werden dann in Töpfen hell und warm zu hübschen, kräftigen Exemplaren herangezogen. Die Töpfe stehen anfangs im Gewächshaus, später werden sie nebeneinander in das Mistbeet eingesenkt. Bis Juli müssen die Pflanzen Blüten zeigen, denn sonst können die Schoten bis zum ersten Herbstfrost nicht mehr reifen. Da der Pfeffer zur guten Ausbildung von Pflanze und Früchten einen reichen Boden mit viel Nahrung braucht, so ist den Töpfen eine kräftige Mistbeeterde zu geben; es helfen später auch Düngergüsse von aufgelöstem Kundünger.
Man sucht nun den wärmsten Boden und die wärmste Lage zum Auspflanzen der Pfefferpflanzen aus. Das Sicherste ist, sie werden in die Mistbeete gepflanzt. Auch in große Töpfe kann man sie pflanzen. – Eine Einrichtung, die es möglich macht, im Notfall, bei anhaltender, kalter, trüber Witterung Glasfenster aufzulegen, um hierdurch Schutz zu gewähren und die Reife zu beschleunigen, ist empfehlenswert.
Die wertvollsten und unserem deutschen Gaumen am besten zusagenden Sorten des Gartenpfeffers (Chili, Paprika) sind die großfrüchtigen milden Pfeffer. Sie sind wohlschmeckend und bekömmlich wie jedes andere Gemüse. Dagegen gibt es auch Sorten (und das sind vorzugsweise diese kleinfrüchtigen), die so scharf und beißend sind, dass sie für uns ganz unverwendbar bleiben.
Ein Deutscher, der viele Jahre in Italien lebte, gibt über die Verwendung der großen, milden Pfefferschoten die folgende Anleitung: Man isst die ganz süßen Sorten roh als Obst. Man legt sie, wenn sie sich eben zu färben beginnen und noch halb grün sind, in guten Weinessig. So halten sie sich ein Jahr lang und werden zum Verspeisen in Streifen geschnitten und mit Kapern, Sardinen als Vorspeise, um den Appetit zu heben, gegeben.
Die reifen Früchte werden geviertelt und auf einem Rost mit leichtem Kohlenfeuer einige Minuten lang geröstet. Danach wird noch warm die äußere Haut abgezogen und diese dann kalt mit Essig und feinem Olivenöl als Salat verzehrt. Ein sehr feines Gericht! Die Früchte, wie oben behandelt und mit Butter und Parmesankäse leicht angebraten, sind ebenfalls delikat.