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Feinde und Freunde unseres Gartens.
Von: Johannes Böttner, Chefredakteur des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau. Aus: Gartenbuch für Anfänger (1899).
Unser Garten würde uns zum Paradies werden, wenn alles darin nach unseren Wünschen gedeihen und keinerlei feindliche Störungen eintreten wollte. Leider sind die Pflanzen des Gemüse-, Obst- und Blumengartens so mancherlei Schädigungen unterworfen, dass wir unsere ganze Kraft einsetzen müssen, den Garten in tadellosem Zustande zu erhalten.
Hunterterlei verschiedener Ungeziefer frisst und knabbert an allen Ecken und bringt uns oft in schlimme Verlegenheit.
Was sollen wir tun, um dieses unheimliche Gesindel, das wir häufig gar nicht einmal kennen, von dem wir nur die Verwüstung sehen, zu vertreiben?
Ein hervorragender Gartenfreund und Kenner gärtnerischer Kultur schrieb mir vor einiger Zeit: „Es wird immer noch nicht genug beachtet, dass der beste Schutz der Pflanzen gegen alle Angriffe darin besteht, dass man sie gut und richtig kultiviert.“ Ich muss ihm Recht geben in dieser Auffassung. Die gut kultivierte Pflanze vermag den auf sie eindringenden Angriffen großen Widerstand entgegenzusetzen, weil sie kräftig ist. Ja, ich habe oft an Pflanzen in ungeeigneten Verhältnissen beobachten können, dass die Schmarotzer sofort verschwanden, als die Pflanzen in bessere Verhältnisse gebraucht oder die vorhandenen Übelstände beseitigt wurden, z.B. ein junger verlauster Baum machte sofort gesunde Triebe, als er eine kräftige Düngung erhielt, an anderer Stelle verschwand das Ungeziefer durch ein wiederholtes Abspritzen der Pflanzen mit reinem, klarem Wasser ohne irgend sonstige Maßnahmen.
Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist, durch rechtzeitiges Eingreifen vorzubeugen und die Plage sich nicht ausbreiten zu lassen, sondern schon im Entstehen zu unterdrücken. Eine Massenplage kommt nie plötzlich, stets hat sich, wenn auch häufig unbemerkt, das
Ungeziefer, welches in Massen auftritt, zuvor vereinzelt gezeigt. Die Vermehrungskraft manches Schädlings ist allerdings eine gewaltige.
Mit einem Druck des Fingers könnten wir im Frühjahre oft die Stammeltern einer bis zum Herbst in das tausendfache wachsende Schaar vernichten. Es gilt also aufmerksam sein, die Pflanzen häufig absuchen und das Ungeziefer rastlos bekämpfen, so lange es noch vereinzelt vorkommt. So kann unvorbereitet eine große Plage nur den treffen, der unaufmerksam gewesen ist.
So mancher hätte nun gern ein Pülverchen oder eine Flüssigkeit, durch die all die Hallunken von unseren Lieblingen vertrieben werden. Kluge Fabrikaten haben sich das zu Nutze gemacht und Mittel fabriziert und zu teuren Preisen in den Handel gebracht. Wer aber die große Verschiedenheit der Insektenleiber kennt, wer es weiß, wie gut zum großen Teile diese Tiere bepanzert sind, wer andererseits die Verschiedenartigkeit ihrer Lebensweisen beachtet, der wird zugeben, dass ein Mittel für alle Zwecke von vornherein ein Unding ist.
Mittel zur Bekämpfung von Ungeziefer
Einige Mittel haben sich für verschiedene Zwecke gut bewährt, z.B. ist Tabaksaft sehr gut, auch Petroleum-Seifenbrühe kommt neuerdings sehr in Aufnahme. Die Bordelaiser Brühe, das ist eine Mischung von Kupfervitriol, Kalk und Wasser, wird gegen allerlei Pilzerkrankungen als sicherstes Schutzmittel bezeichnet. Diese Mittel finden sich an geeigneter Stelle angeführt. Das ist aber in keinem Fall die Hauptsache, dass man den Geldbeutel öffnet und irgendein gutes Mittel kauft, mit Wasser verdünnt und auf die Pflanzen spritzt. Auf die Sorgfalt kommt es an, mit der das Mittel angewendet wird. Ein einmaliges Verfahren wirkt nicht durchschlagend. Jedes Ungezieferbekämpfungsmittel muss wiederholt werden und zwar in kurzen Zeiträumen häufig und gründlich wiederholt.
Als Ungezieferbekämpfungsmittel obenan stelle ich das unmittelbare Absuchen des Ungeziefers. Es kostet nichts als Arbeit und ist dadurch in den meisten Fällen das billigste, außerdem ist es das sicherste, denn die Raupe, der Käfer, die Schnecke, die ich von der Pflanze oder vom Gartenbeet ablesen und dann vernichtet habe, kann sicher keinen Schaden mehr anrichten. Nun habe ich oft die Klage gehört: was nützt mir das Absammeln, am nächsten Tage sind neue Schaaren da. Sehr wohl, das ist richtig. Wir müssen am nächsten Tage wieder absammeln, am folgenden noch einmal, denn wir erwischen immer nur einen Teil der Missetäter. Nach dem wir aber einige Tage geduldig und unermüdlich gearbeitet haben, sehen wir schließlich erfreulichen Erfolg. Das Übel lässt nach – Wenn wir das Absuchen durch bezahlte Arbeitskräfte haben ausführen lassen, so ist es uns nicht so teuer geworden als die Anschaffung käuflicher Insektenmittel geworden wäre.
Der Nutzen von Kalk bei der Schädlingsbekämpfung
Ein erfahrener Gartenfreund, ein Lehrer, der auf dem Lande lebt, hat herausgefunden, dass der Kalk in seinen verschiedenen Formen, besonders der Staubkalk, zwar nicht in allen, aber doch in vielen Fällen Hilfe bringt. Zweifellos ist das Bestäuben der befallenen Pflanzen mit Staubkalk ein gutes Mittel, wenn man keine andere Hilfe weiß.
Das sind nur einige Andeutungen. Wer in allen Fällen das richtige treffen will, wird ohne Kenntnis der betreffenden Insekten meist wenig ausrichten können. Es ist von Freiherr von Schillig eine vorzügliche Schrift über die Schädlinge des Obst- und Weinbaues herausgegeben worden, die sollte jeder Gartenfreund besitzen. Wir wollen die schlimmsten
Schädlinge immer bei den Pflanzen nennen, denen sie am lästigsten werden und dann angeben, welche Wege zu ihrer Vernichtung einzuschlagen sind.
Hilfe durch Schlupfwespen
In einzelnen Fällen kann eine Plage so schlimm werden, dass unsere Kräfte nicht ausreichen zur durchgreifenden Bekämpfung. In solchen traurigen, aber glücklicherweise seltenen Fällen bleibt uns nichts weiter übrig, als die Hoffnung auf Besserung in der Zukunft. Solche Plagen verschwinden oft schneller als sie gekommen sind. Die vielen Feinde unserer Pflanzen haben auch wieder ihre Feinde, Raub- und Mordinsekten, die Schlupfwespen. Das sind kleine Wespen, die ihre Eier an oder in die Körper von Raupen legen. Aus den Eiern entschlüpfen Maden, die ihren Wirt, die Raupe, zu Grunde richten. Diese Schlupfwespen, deren jede Art in einer anderen Raupenart vorkommt, treten zuweilen so massenhaft auf, dass fast jede einzelne Raupe Maden beherbergt. Nur so ist es erklärlich, wie eine ungeheure Raupenplage ganz plötzlich von selbst wieder verschwinden kann. Ähnlich den Schlupfwespen (Ichneumoniden) wirken die Mordfliegen (Tachineen). Noch in den winzigsten Insekten und in den Insekteneiern kommen Schmarotzer vor, die Larven kleinster Wespchen, Brakoniden und Zehrwespchen. Alle diese noch so wenig bekannten Tierchen sind uns Gartenbautreibenden in hohem Grade nützlich. Sie alle sind geschaffen, um das Gleichgewicht in der Natur wieder herzustellen, um eine Massenplage auch eine ebenso massenhafte Gegenwirkung entgegenzusetzen.
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https://derselbstversorger.net/gartenbuch-fuer-anfaenger-johannes-boettner/
Mehr Informationen zu Johannes Böttner finden Sie unter:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_B%C3%B6ttner
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