Soll man sich Samen selber ziehen, oder soll man lieber jedes Jahr neue Samen kaufen? Gartenbauunternehmer Böttner erläutert die Vor- und Nachteile von selbstgezogenem Saatgut.
Die Samenzucht
Von: Johannes Böttner, Chefredakteur des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau. Aus: Gartenbuch für Anfänger (1899).
Ein guter Berater muss dem Anfänger sagen, was er tun soll und auch was er nicht tun soll. Zu dem, was ich ihm rate zu unterlassen, gehört das Selbstziehen der Gartensämereien. Ich will das nicht so hinstellen, als ob unter keinen Umständen Sämereien selbst gezogen werden dürften. Ich habe zunächst die Samenzucht im Allgemeinen im Auge und von dieser rate ich ab, weil erstens diese Samenzucht im kleinen etwas sehr umständlich ist und den ganzen Gartenbetrieb erschwert und zweitens durch das Selbstziehen der Samen meistens teurer wird, als er gekauft werden kann und drittens der gekaufte Samen fast immer besser ist.
Dass die Samenzüchter den Samen so billig abgeben können, hängt so zusammen: Jeder baut von bestimmten Sorten immer große Felder auf einmal. Ernten, Trocknen und Reinigen wird im großen betrieben, da entfallen auf die einzelnen Portionen wenig Kosten.
Dass der Samen von den Züchtern her besser ist, hängt auch teilweise mit diesem Anbau im großen zusammen. Außerdem müssen wir einsehen, dass solche Leute, die weiter nichts als Samenzucht betreiben, ihr Geschäft besser verstehen als wir Dilettanten. Die Samenzucht ist nämlich ein Beruf, der sich gar nicht so leicht erlernen lässt. Es gehört sehr viel Fleiß und Eifer dazu. Man kann auch bei weitem nicht überall guten Samen anbauen. Wenn bei mir der Blumenkohl gut wächst oder bei dir die Levkojen, so wissen wir beide noch nicht, ob wir nun von unseren schönen Pflanzen auch brauchbaren Samen ernten werden. Das Klima, der Boden sind für die Ausbildung des Samens wichtig. – So ist es, um nur ein auffallendes Beispiel anzuführen, Tatsache, dass in den Tropen, in Afrika, in den Staaten Südamerikas usw. unsere meisten Gemüse aus dem bei uns gebauten Samen gut geraten. Wenn aber die Bewohner dortiger Gegend den Versuch machen, selbst Samen zu ziehen und ihn auszusäen, so gewinnen sie keine Gemüse mehr, sondern unbrauchbares, schlottriges Zeug. Der Samen artet aus durch den Einfluss des Klimas. Die Bewohner jener Gegenden sind also notgedrungen darauf angewiesen, ihren Samen immer wieder aus gemäßigten Zonen zu beziehen.
So schlimm sind nun die Klimaunterschiede bei uns nicht, aber Unterschiede, die einen Einfluss auf die Ausbildung und Güte des Samens ausüben, sind auch in unserem deutschen Klima vorhanden, und es kann gar nicht bestritten werden, dass die Kulturpflanzen unter gewissen klimatischen Verhältnissen Samen liefern, der besonders vollkommene Nachkommenschaft erzeugt und dass unter anderen Verhältnissen die Neigung zur Verschlechterung sehr deutlich bemerkbar macht.
Einen besonderen Ruf als günstig für Samenbau hat die Provinz Sachsen und zwar sind es die Orte Quedlinburg, Aschersleben und Erfurt, deren Samen nicht nur in Deutschland wegen seiner Güte berühmt ist, sondern auch für andere europäische und außereuropäische Länder große Bedeutung hat und massenhaft nach anderen Ländern ausgeführt wird.
Der Kernpunkt aller guten Samenzucht beruht darin, dass der Züchter nur die schönsten und vollkommensten Pflanzen zur Zucht auszuwählen versteht. – Auch der Landwirt wählt nur die edelsten und besten Tiere zur Zucht. Wer solche Auswahl nicht trifft, verschlechtert naturgemäß seinen Stamm. Die Notwendigkeit und Wichtigkeit bei Auswahl ist, wie folgt, begründet: Die Gartenpflanze
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Gartenbuch für Anfänger- Johannes Böttner
Mehr Informationen zu Johannes Böttner finden Sie unter:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_B%C3%B6ttner
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