Das Pflanzen (und Pikieren)
Von: Johannes Böttner, Chefredakteur des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau. Aus: Gartenbuch für Anfänger (1899).
Grundlagen beim Pflanzen
Unbekümmert um unsere Sorgen wachsen die Pflänzchen auf dem Saatbeet heran. Wir haben ihnen einen guten Boden gegeben, reichlich mit lockerer, kräftiger Mistbeeterde oder Komposterde vermischt. – Von Zeit zu Zeit gießen wir, damit die noch flachliegenden Würzelchen der jungen Pflanzen von trockener Luft nicht leiden. – Es kommt die Zeit, dass unsere Pfleglinge auf dem Saatbeete groß genug sind, um verpflanzt zu werden. – Inzwischen wird das zum dauernden Standort bestimmte Beet vorbereitet zur Aufnahme der Pflanzen. Es wird gegraben, gehackt, verbessert durch Komposterde, wenn das nötig und durchführbar ist; dann wird wieder die Gartenschnur gesteckt; denn es wird auf den Gartenbeeten nur in geraden Reihen und mit regelrechten Abständen gepflanzt.
Ausheben der Pflanzen
Nun kommt das Ausheben der Pflanzen. Sie stehen in einem lockeren, düngerdurchsetzten Beet. Abends vorher wurden sie gut durchgegossen, da brauchts nicht viel Federlesens mehr. Wir fassen sie mit der Hand, ziehen und bekommen die Wurzeln mit einem schönen Ballen frischer Düngererde heraus, wodurch das Wiederanwachsen am neuen Stand sehr erleichtert wird. Wenn nun aber der Boden, in dem die jungen Pflanzen stehen, etwas fest und hart ist, so bekommen wir keinen guten Ballen mit heraus, wir reißen viel mehr die Wurzeln ab. Das darf nicht sein. Hier nehmen wir also ein spitzes Holz oder einen kleinen Handspaten und heben die Pflanzen aus. Das gute Durchgießen am Abend vor dem Ausheben ist unter allen Umständen viel wert.
Die Pflanzen werden beim Ausheben in einen kleinen Korb oder Kasten gelegt, der vorher gut feucht gemacht wurde. Liegt eine Partie Pflanzen darin, so wird das Ganze wieder mit der Gießkanne angefeuchtet, dann leicht mit Blättern, feuchtem Tuch usw. gedeckt. Früher hielt ich von diesem Feuchthalten selbst nicht viel, weils zur Not auch so geht. Ich habe aber doch gefunden, dass die Pflanzen viel frischer bleiben und besser anwachsen. Ich nehme die Arbeit des Pflanzens auch nie mehr am Mittag vor, nicht nach 10 Uhr Morgens und nicht vor 4 Uhr Nachmittags, auch nicht bei windigem Wetter. Es wünscht doch jeder, dass alle Pflanzen, die er setzt, ohne Ausnahme weiter wachsen möchten, und dieses lässt sich erreichen bei solcher Vorsicht.
Unsere ausgehobenen Pflanzen liegen also frisch in dem Korbe. Wir machen keine langen Umstände, sondern gehen schnell zum neuen Standort. – Die erforderlichen Reihen auf den Beeten sind dort schon eingeteilt und nun wird jede Pflanze einzeln an den für sie bestimmten Platz gepflanzt.
Wenn der Boden locker ist, wird mit der linken Hand oder nur mit dem zweiten und dritten Finger derselben eine Grube gemacht, die Pflanze mit der rechten Hand hineingehalten, Erde an die Wurzel gescharrt und schließlich mit Daumen und Zeigefinger von beiden Händen die Pflanze im Boden festgedrückt.
Festdrücken der Pflanzen
Dieses Festdrücken ist wertvoll für das gute Anwachsen. Ebenso wie das Samenkorn nicht keimen kann, wenn es nicht von Erde dicht umschlossen wird, ebenso kann die Wurzel keine neuen Wurzeln bilden, wenn sie der Boden nicht fest umschließt.
Es ist noch zweierlei zu beachten: Die Wurzeln werden beim Einsetzen gut ausgebreitet; die Spitzen kehren sich zuweilen nach oben, das soll nicht sein. Zweitens ist der Wurzelhals der Pflanze zu ermitteln. Gerade der Wurzelhals ist die passende Stelle, um mit dem Boden abzuschließen. Der Wurzelhals ist bei Gemüsepflanzen die Stelle, an der sich die ersten Blätteransätze befinden. Gelegentlich ist Gemüse in sehr schweren Boden zu pflanzen. Ein Pflanzholz tut in schwerem Boden gute Dienste. Es genügt ein gewöhnliches, mit dem Messer zugespitztes Holz. Für längeren Gebrauch ist ein Pflanzholz mit eiserner Spitze angenehm. – Man bohrt damit das Loch, hält die Pflanzen, die Wurzelspitzen nach unten gerichtet, hinein, steckt dann das Pflanzholz seitlich in die Erde und drückt diese Erde von der Seite an die Wurzeln. – Es schadet nichts, wenn hinterher noch einmal jede Pflanze mit den Fingerspitzen fest angedrückt wird. – Selbst trockener, harter Boden, welcher allerdings in frisch gegrabenem Zustande nur äußerst selten vorkommt und auch nicht gartenkulturmäßig ist, kann bepflanzt werden, selbst dann noch, wenn er so hart ist, dass das Pflanzholz nicht eindringen will und die Erde sich nicht an die Wurzeln legt. Es wird hier die Vorsicht gebraucht, die Pflanzstellen am Abend vorher anzugießen. Über Nacht, vielleicht auch noch den Tag hindurch, durchzieht die Feuchtigkeit die Stelle und am Tage darauf pflanzt sichs in das lockere, feucht gewordene Erdreich bequem. Wohlgemerkt, nur in frisch gegrabenes Land soll gepflanzt werden.
Im Allgemeinen pflanzt man vorteilhaft nach Regen, während des Regens, am allerbesten kurz bevor es regnet! Ein guter Gärtner muss es immer so einzurichten wissen, dass es gerade regnerisches Wetter ist, wenn er pflanzt. Es wächst alles großartig an.
Das Pikieren von Gemüsepflanzen
Hier ist noch ein ganz besonderes Verpflanzverfahren zu erklären. Die Kunstgärtner nennen es pikieren – deutsch verstopfen. Es unterscheidet sich von gewöhnlichem Verpflanzen nur dadurch, dass die Pflänzchen sehr klein sind und dass sie dicht beieinander gepflanzt werden, und in besonders gute Erde an einen Standort, an dem sie nur einige Wochen verbleiben sollen. – Sie sollen sich noch kräftigen, ehe sie von hier aus an ihren endgültigen Standort kommen. Dieses Verfahren wird angewendet, wenn man zu dicht gesäet hat und die Sämlinge nicht stehen bleiben können bis zur Verpflanzzeit. Dadurch, dass sie auf 4 – 6 Zentimeter Abstand verstopft – pikiert – werden, wachsen sie kräftig und gedrungen weiter und vertragen später das Auspflanzen besser. – Für alle Gemüse passt das Verfahren nicht; wo es vorteilhaft ist, wird es besonders vorgeschrieben werden. In allen anderen Fällen bringt man die Pflanzen unmittelbar vom Saatbeete auf das Pflanzbeet. Man „pikiert“ sie also nicht vorher.
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