Mistbeete anlegen
Von: Johannes Böttner, Chefredakteur des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau. Aus: Gartenbuch für Anfänger (1899).
Soll der Anfänger Mistbeete anlegen? – Mag jeder selbst entscheiden.
Nutzen (Vorteile) eines Mistbeetes:
- Es können in den Mistbeeten die Gemüse- und Blumenpflanzen, die für einen größeren Hausgarten durchaus notwendig sind, die sich auch häufig recht schwer in der gewünschten Weise beschaffen lassen, billig und gut herangezogen werden.
- Es lassen sich Gemüse verschiedener Art darin treiben und werden vier bis sechs Wochen früher brauchbar, außerdem viel schöner und zarter als im Garten.
- Durch Mistbeetanlagen wird nebenbei viel gute Erde gewonnen.
Bedenken (Nachteile) gegen ein Mistbeet:
- Die Mistbeete verlangen eine sorgsame Überwachung und Pflege täglich an bestimmten Tagesstunden, sind also nur da angebracht, wo reichlich Zeit und Neigung des Besitzers oder zuverlässige Hilfskräfte vorhanden sind. – Wer nur zwei bis drei Morgenstunden seinem Garten sich widmen kann und keinen zuverlässigen Vertreter besitzt, wird Schwierigkeiten haben.
- Die richtige Pflege der Mistbeete ist nicht leicht zu erlernen. Ein kleines Versehen kann große Nachteile bringen. Für den Anfang wird man fast regelmäßig die Pflanzen und Gemüse billiger und besser kaufen können als man sie selbst zieht.
- Die Behandlung eines Mistbeetes zieht den Anfänger von mancher anderen Gartenbeschäftigung ab. Es muss aber immer Streben jedes Anfängers sein, nicht zu vielerlei vorzunehmen und seine Kräfte und Neigungen nicht zu zersplittern.
Ich persönlich möchte dazu raten, im ersten Jahre nicht gleich Mistbeete anzulegen, sondern sich zunächst einzuschränken und die nötigen Pflanzen anderweit zu beschaffen. Im zweiten oder dritten Jahre haben dann Mistbeetkulturen schon bessere Aussicht auf Erfolg.
Der richtige Mist für Mistbeete
Zur Mistbeetkultur gehört zunächst eine besonders gute Erde: reine, unverfälschte Mistbeeterde, aus verrottetem Pferdemist entstanden, aber völlig zu Erde geworden und nur zur Lockerung mit etwa 1/5 der Menge grobkörnigem Flußsand vermischt. – Jede andere Erde ist mehr oder weniger ungeeignet zur Mistbeetkultur. Eine neue Ursache, nicht gleich im ersten Jahre Mistbeete anzulegen, erst Erde schaffen dazu! Wer gezwungen ist, teilweise die Mistbeeterde zu ersetzen, der wähle leichte, gute, sandige Gartenerde, milde, lockere Rasenerde, gute Komposterde, ja keine schwere Erde, keine unverwesten Stoffe. Künstliche Dünger sind für Mistbeetkulturen erfahrungsgemäß völlig ungeeignet. Mit Abtritt gedüngte Erde ist ebenfalls unbrauchbar.
Gute, verrottete Mistbeeterde ist mindestens zwei Jahre alt. Unverweste, klumpige Bestandteile, die etwa in der Erde enthalten sind, kommen im geschlossenen, warmen Mistbeet noch zur Verwesung und stecken dann die Pflanzen mit an. Die Pflanzen bekommen durch schlechte Erde die bedenklichen schwarzen Füße, fallen um und sterben ab.
Die zu fette Erde ist also fast ebenso schlimm und schädlich wie künstlicher Dünger im Mistbeet. Um zu fette frische Erde brauchbarer zu machen, wird man sie über Winter bei Frost öfter durcharbeiten und mit viel Sand, sandiger Erde oder leichter und lockerer Rasenerde durchmischen.
Das Mistbeet muss erwärmt werden und hierzu ist kein Stoff so brauchbar wie der Pferdedünger. Man gräbt an geschützter sonniger Stelle eine Grube 1,50 Meter breit, 3 Meter lang und 60 cm tief regelrecht aus. In diese Grube packt man Pferdedünger. Der Pferdedünger kann frisch sein, besser ist es aber, er hat schon ein bis zwei Wochen auf dem Haufen gelegen, dann erwärmt er sich im Mistbeetkasten langsamer aber nachhaltiger.
Schnee und Regen dürfen den Pferdedünger nicht durchnässen, sonst erwärmt er sich überhaupt nicht. Wenn die Grube halbvoll ist, kommt ein Bretterrahmen darauf: der Mistbeetkasten. Dieser Mistbeetkasten wird dann im Innern ganz voll Pferdedünger gepackt, so dass die Düngerschicht etwa 40 cm hoch ist. Je höher sie ist, desto stärker erwärmt sie sich.
Das Einpacken des Mistes ist eine Kunst, die erlernt sein will. Der Mist darf nicht korbweise in die Grube oder in den Kasten geworfen werden. Er muss Gabel für Gabel dicht festgepackt oder geschüttelt werden. Der Mist setzt sich nämlich, wenn er sich erwärmt; er wird sich ganz gleichmäßig setzen, wenn er gleichmäßig gepackt und festgetreten ist. Er darf an keiner Stelle klumpig liegen, sonst gibt es später die scheußlichsten Unebenheiten.
Mistbeet richtig anlegen
Zum Mistbeet gehören Fenster, Glasfenster mit Holzrahmen, 1 Meter breit und 1,50 Meter lang. Das Stück kaufen wir für ungefähr fünf Mark. Mistbeete mit drei Fenstern sind die bequemsten. – Der Mistbeetkasten, von dem wir sprachen, wird so eingerichtet, dass die Mistbeetfenster genau darauf passen, also 3 Meter breit und 1,50 Meter lang. Er darf aber nicht eben stehen; er muss etwas Fall haben und zwar nach Süden gerichtet, damit der Regen abläuft und die Sonne besser wirken kann. Die Rückwand wird also etwas höher, die Seitenwände schräg. Dort, wo die Fenster aufliegen sollen, werden an den Wänden Leisten angebracht. Im übrigen lässt sich so ein Kasten auf die verschiedenartigste Weise herrichten.
Ist nun der Kasten voll Mist gepackt, der Mist schichtweise gut festgetreten, so werden die Fenster vorläufig aufgelegt, damit der Mist sich erwärmt. Nach vier bis fünf Tagen wird das in der Regel soweit geschehen sein, dass die oben beschriebene gute Mistbeeterde auf den Mist gebracht werden kann, etwa 20 cm hoch. Zwei oder drei Tage später ist diese Mistbeeterde auch durchwärmt und jetzt erst kann in das Mistbeet der Samen gesäet werden, der bei der Wärme von unten (Bodenwärme) und unter dem hellen und schützenden Glasdach bald aufgeht.
Materialien zum Packen von Mistbeeten
Zum Packen von Mistbeeten gibt es nichts Besseres als Pferdemist und es ist ein besonderer Vorzug des Pferdemistes, dass er, wenn er seine Wärme abgegeben hat, schnell verrottet und zu einer guten Erde wird.
Teilweise, um Ersparnisse zu machen, teilweise, um nicht so warme, dafür aber länger anhaltende Mistbeete zu erhalten, werden nun Ersatzstoffe benutzt, die allerdings nie so vortreffliche Mistbeeterde liefern.
Laub, zwischen den Pferdemist schichtweise gepackt, hält die Wärme länger an.
Schweinemist, Ziegenmist, selbst Rindermist mit dem Pferdemist vermischt, erwärmen sich langsamer. Mit solcher Mischung kann ohne Gefahr die Düngerschicht aus frischem Mist höher gepackt werden. Die Wärme ist dann anhaltender.
Torfstreudünger ist brauchbar zum Vermischen mit Laub und Pferdedünger.
Unkräuter, dürres Bohnen- und Erbsenstroh und dergleichen dienen in kaltem Boden als Unterlage. Man packt eine dicke Schicht davon unten in die Grube, damit der wertvolle und teure im Frühjahre oft gar nicht mal reichlich genug zu beschaffende Mist sich nicht zu sehr nach unten abkühlt. Ebenso kann Tannenreisig verwendet werden.
Sägespäne sind auch sehr gut zu gebrauchen, ebenso Lohe. Wollabfälle und Baumwollabfälle haben eine sehr große Heizkraft, noch größer als Pferdemist. Sie müssen aber beim Einpacken völlig durchnässt werden, sonst verursachen sie eine pflanzenfeindliche, trockene Luft. Die verrotteten Wollabfälle geben keine Mistbeeterde.
Unterschiedliche Nutzungsarten von Mistbeetkästen
Beim eigentlichen Betrieb der Mistbeetkulturen ist zweierlei zu unterscheiden:
- Gemüsetreiberei. Dieselbe beginnt im Januar. Zu dieser Jahreszeit sind hohe Mistpackungen erforderlich, außerdem muss unbedingt der ganze Kasten ringsum einen fußbreiten Umschlag von Dünger erhalten, der ihn ebenfalls erwärmt. Diese breite und tiefe Düngerumpackung wird nach einigen Wochen erneuert, um wieder neue Wärme zu schaffen.
- Anzucht von Gemüse- und Blumenpflanzen. Die Anlage dieser Mistbeete beginnt größtenteils erst Ende Februar, die Aussaat Anfang März. Man kann dann Ende März noch einmal Mistbeete anlegen mit geringer Mistpackung für solche Pflanzen, die weniger Wärme und kürzere Zeit zur Entwicklung brauchen. Es hat keinen Zweck, Mistbeete im Sommer anzulegen, weil erstens im Sommer wenig Pflanzen ausgesät werden und zweitens die natürliche Bodenwärme für die Pflanzen unseres Hausgartens völlig ausreicht. – Im Spätherbst werden auch keine Mistbeete angelegt, denn die Strahlen der Sonne werden immer spärlicher und die Pflanzen erhalten keine Kraft, um den Winter durchzuhalten. Bodenwärme allein macht es nicht, es muss auch Licht genug vorhanden sein zum Leben und Wachsen. Auf jeden Fall muss das Mistbeet so viel Sonnenschein als nur möglich bekommen. Ohne Sonne geht nichts.
Lesen Sie den nachfolgenden Artikel (Mistbeete pflegen – richtig lüften, gießen und co.)
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Mehr Informationen zu Johannes Böttner finden Sie unter:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_B%C3%B6ttner
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