Gartenland graben.
Von: Johannes Böttner, Chefredakteur des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau. Aus: Gartenbuch für Anfänger (1899).
Wenn Professor Jäger von den Wohltaten schwerer körperlicher Gartenarbeit redet, so hat er gewiss in erster Linie an das Graben gedacht. Das Graben ist eine sehr gesunde Bewegung und es macht Vergnügen, wenn man einen guten Spaten hat. Der beste Spaten ist der Pionierspaten, wie er hier abgebildet ist, und wie man ihn auch aus mehreren größeren Gärtnereien und Handlungen gärtnerischer Geräte beziehen kann. Auf diesem Bild steht links ein neuer Spaten, rechts ein Spaten, der schon einige Jahre im Gebrauch war. Wie man sieht, ist das Grabeisen schon stark abgenutzt, Stiel und Befestigung aber sind noch unversehrt und das ist ein Hauptvorzug dieses Spatens: Stiel und Eisen lockern sich nicht und brechen auch nicht! Es ist ein entsetzliches Arbeiten, wenn der Spaten im Stiel wackelt oder wenn das Grabeisen in der Mitte umgebogen ist, wie es bei allen übrigen Spaten gelegentlich vorkommt. – Seit ich den Pionierspaten kenne, kann ich mich nicht entschließen mit einem anderen zu arbeiten, denn der Pionierspaten ist handlicher und arbeitet leichter und schneller als alle übrigen Spaten.
Wie kann nun der Anfänger das Umgraben ohne persönliche Anleitung erlernen? Der beste Rat ist der, flotten Grabern einmal ein paar Stunden zuzusehen und aufzupassen, wie sie es machen. Ist noch eine besondere Anleitung nötig? Man fasst mit der linken Hand den Stiel zum Heben und mit der rechten den Handgriff zum Lenken des Spatens. Wer es bequemer findet, mag auch umgekehrt fassen. Die meisten fassen links, einige auch rechts. Mit einem Ruck wird der Spaten in den Boden gestoßen – im schweren Boden wird durch einen Tritt mit dem Fuß auf das Eisen nachgeholfen. Hierauf hebt man den Spaten mit der abgestochenen Erde in die Höhe und dreht den Spaten geschickt so um, dass die Erde umgekehrt wieder niederfällt, also das unterste nach oben. Dieses Umkehren der Erde, das Wenden von unten nach oben, ist die Hauptsache beim Graben. Es muss so lange geübt werden, bis es gut geht.
Im Herbst soll die gegrabene Erde in groben Schollen liegen bleiben, im Frühjahre soll sie gleich beim Graben fein zerkleinert werden. Es ist nun Sache der praktischen Übung, dies, je nachdem es notwendig ist, besorgen zu können. Ebenso ist das saubere und gleichmäßige Hinlegen beim Graben nur durch Übung und etwas Geschick zu erreichen. Ungeschickte und ungeübte Arbeiter wühlen, machen Erhöhungen und Vertiefungen. Dem gegrabenen Lande sieht man sofort an, ob der Graber seine Sache verstand. Anfänger werden guit daran tun, recht langsam zu arbeiten und kleine Stücke Erde abzustechen, nicht gleich große Schollen.
Wegen der bequemeren Einteilung ist es wünschenswert, auf einmal gleich eine größere Fläche in Angriff zu nehmen, wenn es geht den ganzen Garten, nicht einzelne Stückchen. Die Arbeit selbst kann auf viele Tage verteilt werden: Man fängt an dem einen Ende des Gartens an und wirft zunächst eine lange Furche aus. Während der ganzen Dauer des Grabens bleibt zwischen dem gegrabenen und nicht gegrabenen Lande eine tiefe, offene Furche, welche das Arbeiten sehr erleichtert: gut umzustürzen kann man nur, wenn eine breite Furche vorhanden ist. Zum Schluss wird die am Anfang ausgeworfene Erde in den Karren geladen und in die zuletzt offen gebliebene Furche geschafft.
Unkrautwurzeln, Steine usw. Werden in einem zur Seite stehenden Korbe gesammelt. Beim Umgraben wird nun auch der Mist mit untergebracht, der entweder vorher gebreitet worden oder auch hinter dem Grabenden noch in Haufen liegt. Man rechnet als regelmäßige Garten-Düngung auf den Quadratmeter 5 Kilo Stallmist. – Wie jede andere Gartenarbeit, kann auich das Unterbringen des Mistes, das so einfach erscheint, gut und schlecht geschehen. Es kommt darauf an, den Dünger gut zu verteilen. Vor allem sollen die Düngerlagen nicht wagerecht, sondern schräg und senkrecht liegen. Richtig ist es also nicht, den Dünger klumpenweise auf den Boden der Furchen zu scharren. Richtig ist es vielmehr, ihn schräg auf das neugegrabene Land zu streuen.
Das folgende Bild veranschaulicht die gegrabene und nicht gegrabene Erde in gedachter Durchschnittsansicht. Um das Umwenden des Bodens beim Graben zu veranschaulichen, ist der obere Boden dunkler, der untere heller gezeichnet, wie das auch bei tiefem Graben vorkommt. So wie der Dünger hier verteilt ist, ist er richtig verteilt:
Wie tief soll gegraben werden? Das Grabeisen des Pionierspatens ist knapp 30 Zentimeter hoch und reichlich 20 Zentimeter breit. Das Eisen wird durchschnittlich auf seine volle Höhe in den Boden kommen; da es aber immer etwas schräg gerichtet ist und auch schräg aushebt, so kann man im Durchschnitt nur auf eine 25 Zentimeter tiefe Lockerung rechnen. – Mit schlechtem Spaten wird nur 20 Zentimeter tief gegraben; 30 und 35 Zentimeter Tiefe ist aber mehr wert. Wenn dieses Tiefgraben auch länger dauert, besser ist’s sicher!
Wann soll umgegraben werden? Eine beliebte Zeit ist der Herbst. Das Land bleibt in groben Schollen über den Winter liegen und ist der wohltuenden Winterfeuchtigkeit ausgesetzt. Das nicht gegrabene Land lässt viel fruchtbares Tauwasser abfließen und wird weniger durchfeuchtet, trocknet auch viel schneller ab. Gerade aus diesem Grunde nun aber, d.h. weil es so langsam abtrocknet, darf manches Land im Herbst überhaupt nicht gegraben werden und zwar das Land, welches an sich sehr feucht ist und ferner das Land, welches sehr zeitig im Frühjahre bestellt werden soll. Schließlich macht jeder Boden seine besonderen Ansprüche, und wer die Eigenheiten seines Bodens kennt, kann es mit dem Graben halten, wie er es im Laufe der Zeit als vorteilhaft für sich herausgefunden hat. Allgemeine Gültigkeit haben derartige Beobachtungen und Erfahrungen nicht. Sie passen nur für bestimmte Verhältnisse. – Ich empfehle im allgemeinen, vom Auigust bis Oktober alles abgeerntete Land sofort nach dem Abernten mit Dünger zu befahren und den Dünger tief unterzugraben. – Außerdem das Land stets frisch umzugraben, wenn es besäet oder bepflanzt werden soll.
Dieses ist das wichtigste: Es müssen die Samen, die Pflanzen usw. in ganz frischen Boden kommen. Boden, der nach dem Graben wochenlang gelegen hat, ist vielleicht noch locker, aber er ist nicht mehr frisch, muss deshalb von neuem gegraben werden, damit frisches Land nach oben kommt. Das Wiederaufhacken von alt gegrabenem Boden ist zwar ein Mittel, um ihn aufzufrischen, aber es ist nur ein Notbehelf; frisch gegrabenes Land ist viel besser, als gehacktes.
Nun der Nutzen des Grabens: Einen Nutzen haben wir soeben kennen gelernt: Die Pflanzen kommen in frischen Boden. Die Wurzeln verlangen frischen Boden, schon aus diesem Grund wird gegraben, ehe man pflanzt und sät. Ein anderer Nutzen: die Nährstoffe des Bodens, die aufgelösten natürlichen und die im Dünger hinzugegebenen werden beim Graben gut durchmischt und verteilt. Es kommt immer wieder anderer Boden an die Oberfläche und wird von der Luft aufgeschlossen. Die Feuchtigkeit, die Wärme, dringen besser zu den Wurzeln und wirken anregend. Der Boden wird tief durchlockert, derart, dass die Wurzeln tief eindringen können.
In den tieferen und besseren Durchlockerungen liegt ein großer Vorteil des Grabens gegenüber dem Pflügen. Beim Graben werden tiefere Schichten aufgeschlossen, außerdem die Bodenschollen besser zerteilt und besser umgestürzt als beim Pflügen. Die günstigere Entwicklung der meisten Pflanzen (und ganz besonders der Gartenpflanzen) auf gegrabenem Lande im Vergleich zum gepflügten Lande wird allgemein anerkannt und kann gar nicht bestritten werden.
Der Anfänger, der die gute Wirkung des Grabens noch nicht kennt, kann leicht in Versuchung geraten, eine Pflanze auf unvorbereiteten, festen Boden zu setzen. Er wird sich wundern, wie jämmerlich eine solche Pflanze wächst.
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https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_B%C3%B6ttner
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