Ein Artikel von: Johannes Böttner, Chefredakteur des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau. Aus: Gartenbuch für Anfänger (1899).
Vorheriger Artikel: Das Anlegen eines Mistbeetes.
Gartenmeister Böttner gibt eine einfache und prägnante Anleitung, wie man sich Anzuchtbeete aus ein paar Holzbrettern, Latten und Papier selbst herstellen kann.
Anzuchtbeete für den Gartenfreund
Auf eine äußerst einfache Weise lassen sich die Mistbeete ersetzen und lassen sich auch ohne Pferdemist und ohne Glasfenster, Gemüse- und Blumenpflanzen zu einer Jahreszeit heranziehen, in der sie noch nicht im freien Lande gedeihen:
Es werden drei Bretter von 25 cm Breite und 3 Meter Länge nötig. Das eine Brett wird in der Mitte durchgeschnitten. Aus den jetzt vorhandenen vier Brettern wird ein regelrechter Kasten ohne Boden zusammengenagelt. An einer Seite, die nach oben kommt, schließen sämtliche Bretter glatt. Diesen Kasten stellen wir an einen günstigen, geschützten und warmen, sonnigen Platz im Garten auf und versenken ihn etwa zur Hälfte in die Erde, doch so, dass er nach der Südseite etwas Fall hat.
Aus gleich starken Latten von 3×4 cm, die man billig in jeder Holzhandlung kauft, werden Rahmen von 1 Meter Breite und eineinhalb Meter Länge zusammengenagelt mit zwei Mittelsprossen. In der Papierhandlung kauft man billigstes weißes Rollenpapier (Zeichenpapier) und dieses klebt man auf die Rahmen, nachdem man es zuvor passend geschnitten und angefeuchtet hat, damit es straff sitzt. Nach einigen Tagen, wenn das Papier festgetrocknet ist, wird es mit Leinölfirnis gestrichen, dadurch wird es haltbar und durchsichtig. Diese Papierfenster sind sehr viel billiger als Glasfenster, sie haben aber noch andere Vorteile: Es kann nichts darunter verbrennen, es braucht nicht gelüftet zu werden, man ist nicht gezwungen auf jeden Sonnenstrahl zu achten. Deshalb kann auch der Gartenfreund, der den ganzen Tag über außerhalb des Gartens beschäftigt ist, sich solche Papierfenster anschaffen und Pflanzen darunter ziehen.
Nun ist es ja ganz klar, dass derartige Anzuchtbeete nicht so warm sind als gut angelegte Mistbeete. Die Bodenwärme und die Wärme der Sonne fehlt. Wir können unmöglich schon im Februar derartige Anlagen machen, wohl aber Anfang April und das genügt noch für die Heranzucht vieler Blumen- und Gemüsepflanzen. Die Sonne wärmt dann schon stark genug, die Beete können offen stehen, es ist nur an regnerischen, kalten, windigen Tagen und nachts bei Frost Schutz nötig und solchen bietet das Papier ausreichend.
Wer viel Dünger hat, kann diese Anzuchtbeete auch von außen mit Dünger umpacken. Es schadet auch nicht, wenn eine 20 Zentimeter starke Schicht Dünger, in festgetretenem Zustande gemessen, halb Pferde-, halb Schweinemist, unten hineingebracht wird. Diese Schicht wärmt etwas, aber nicht zu sehr. Bei hoher Bodenwärme würden die Pflanzen unter den Papierfenstern dünn und spillerig werden. Es entstände ein Missverhältnis, weil ja das Licht fehlt.
Der Boden darf gute Mistbeeterde sein. Hat man solche nicht genügend, so wird die Gartenerde gut durcharbeitet und mit Mistbeeterde durchmischt. Obenauf kommt eine Schicht sandiger Mistbeeterde.
Die Aussaat in das Mistbeet sowohl, als in das Anzuchtbeet geschieht ähnlich wie die Aussaat ins Freie. Sämereien, von denen sehr wenig Pflanzen gebraucht werden, säet man am einfachsten in Blumentöpfe und senkt diese Blumentöpfe bis zum Rande in die Erde des Mistbeetes ein. Für die übrigen Aussaaten teilt man die vorhandene Fläche in Rechtecke, die durch dünne Stäbchen getrennt werden. In jedes Feld wird ein Hölzchen gesteckt, auf welches die Nummer oder der Namen der Saat geschrieben wird. Die Erde harkt man zuvor eben, drückt sie fest, streut dann den Samen hübsch gleichmäßig, streut dann dünn Erde darüber und drückt die aufgestreute Erde wieder fest. Gegossen wird nur, wenn die Erde trocken ist.
Wenn schon bei den Aussaaten im Freien das dichte Säen nachteilig ist, so ist es doppelt nachteilig bei Aussaaten in das Mistbeet oder in das Anzuchtbeet. Es muss genau ausgerechnet werden, wieviel Pflanzen auf dem zugemessenen Teil des Mistbeetes Platz haben und dann darf nicht das zwanzigfache des Samens ausgestreut werden, wie es leider noch geschieht. Die zu dicht stehenden Pflanzen sind ebenso schlimm daran wie Pflanzen, die eng zwischen Unkraut stehen, und es ist eine sehr schlechte Ersparnis, den teuren Raum des Mistbeetes oder des Anzuchtbeetes durch dichte Saat ausnutzen zu wollen. Man erhält überhaupt keine brauchbaren Pflanzen, sondern nur spilleriges Zeug. Die dichten Pflanzen müssen also rechtzeitig ausgelichtet werden.
Sehr gut und gleichmäßig wird die Saat verteilt, wenn man auch im Mistbeet in Rillen säet, die Rillen in 6—8 cm Abstand. Von Mitte April ab werden alle Pflanzen an die Luft und das freie Licht gewöhnt.
Aus dem Mistbeete mit Glasfenster kann Verschiedenes schon gegen den 10. April ausgepflanzt werden, aus dem Anzuchtbeet mit ‚Papierfenster erst drei bis vier Wochen später. Aus dem Freien noch zwei bis drei Wochen später und dann ist’s für viele Kulturen überhaupt schon vorbei. Z. B. von Sellerie, Porree kann man mit Hülfe von Papierfenstern noch brauchbare Pflanzen ziehen, im Freien nicht.
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